Abstract [de]: Das Phänomen Führung hat die Menschen schon seit jeher fasziniert und die Sozialwissenschaften haben eine Menge an Erklärungsmodellen hervorgebracht, die uns bei unseren Führungsaufgaben helfen können. Doch die unendliche Vielfalt an Führungstheorien, an psychologischen Konzepten, an wissenschaftlicher wie auch zeitgenössischer Managementliteratur, verschleiert oft den Blick auf das Wesentliche und vielleicht auch ganz Einfache. Die hier plakativ dargestellten „8 Fallen der Führung“ sollen helfen bekanntes und vielleicht auch eigenes Handlungsrepertoire in Sachen Führung auf anschauliche Weise bewusst zu machen.


Juli 2013

Fallen der Führung – oder: Aufbruch zu mehr Verantwortung

„Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: erstens durch Nachdenken, das ist der edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.“ – Konfuzius

Wir lernen von unseren Fehlern, aber es ist im Allgemeinen leichter von den Fehlern anderer zu lernen. Auch wenn wir der Ansicht sind, dass unsere Handlungen in bester Absicht erfolgen, kann ein „Fallen“-Bewusstsein helfen, Schaden abzuwenden oder zumindest die Wahrscheinlichkeit verringern, die gleichen Fehler erneut zu machen. „Kluges“ Handeln des Einzelnen trifft auf ein komplexes soziales Geflecht insbesondere in betrieblichen Organisationsformen. Deren wesentlicher Zweck ist es unternehmerische Prozesse zu institutionalisieren und die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Individuen mit unterschiedlichen beruflichen Rollen zu strukturieren. Hier treffen wir täglich auf die Herausforderung „klug“ handeln zu müssen. Die im Folgenden dargestellten praxisorientierten „8 Fallen der Führung“ können helfen unsere Sinne zu schärfen und uns den Weg zu einem erweiterten eigenen Führungsbewusstsein öffnen.

1. Falle: Starrsinn

Sie kennen den Manager, dessen eigenen Prinzipien über alles gehen, der nur selten andere Meinung zulässt, dessen vorgefertigte Denkmuster alles und jeden unwiderruflich  be- und verurteilen? Selbst wenn ihm bereits die vertrautesten Mitarbeiter sagen, dass ein eingeschlagener Weg in einem Projekt falsch ist, beharrte er strikt auf dessen Durchführung.  

Der Manager mag zwar glauben, dass seine Sicht der Dinge die einzig wahre ist, aber es ist erforderlich, dass er kontinuierlich relevantes Wissen und Erfahrungen sammelt und selbiges auch von anderen Organisationsmitgliedern einfordert. Entschlossenheit in der Tat ohne zuhören zu wollen weckt leicht den Anschein der Starsinnigkeit.

2. Falle: Desorganisation

Sie kennen den Manager, der sich in jedes Detail einer inzwischen viel zu groß gewordenen Firma einmischt? Der zwar alles im Kopf hat aber kaum delegieren will? Wegen der schieren Menge an Töpfen auf dem Herd, verschiebt er gezwungener maßen einen Termin nach dem anderen und zwingt alle anderen ständig „auf Abruf“ zu sein. Auch kann er oft aufbrausend sein, so dass er jeden Augenblick zu explodieren droht. Es scheint an Orientierung zu fehlen, dabei ist es gerade die Desorganisation dieser Person, die zu unnötiger, und manchmal großer Frustration in den Reihen der Organisation führt.

Der Manager sollte seinen Mitarbeitern auf  verschiedenen Projekten eine Perspektive und einen Entwicklungspfad liefern, auf dem sie sich vom Beginn bis zum Ende eines Projekts bewegen können. Er muss mit gutem Beispiel voran gehen und sicherstellen, dass jeder Topf auf dem Herd fertig kochen kann, ohne dass etwas anbrennt. Desorganisation und die hierdurch fehlende Bündelung der Kräfte führt zur Frustration der Mitarbeiter. Diese kann sowohl individuelles Ausbrechen der Mitarbeiter einerseits, wie auch überbetontes Einfühlungsverhalten andererseits hervorrufen – beides ist kontraproduktiv.

3. Falle: Arroganz

Kennen sie den Typ Manager, der immer mehr zu wissen glaubt als alle anderen? Denjenigen, der andere in Grund und Boden redet und dabei gegensätzliche Meinungen kaum reflektiert und hiermit sämtlichen Konflikten zu entgehen versucht? Und versucht er nicht gerade durch dieses Verhalten die Erhabenheit zu demonstrieren, die den Mitarbeitern Zuversicht in seine Handlungen suggerieren soll?

Zuversicht zeigen zu können ist eine wesentliche Qualität eines Managers und wichtig, v.a. in stürmischen Zeiten. Wenn sich jedoch des Managers Zuversicht in Arroganz wandelt, zollt er seinem Team immer weniger Respekt. Respekt zu zeigen und gleichzeitig Zuversicht erwecken zu können sind wesentliche Aspekte der Führung. Fehlt der Respekt, kommt die Arroganz zum Vorschein. Frustration in der Organisation ist allgegenwärtig. 

4. Falle: Feigheit

Sie kennen sicherlich auch den Manager, der wegen Budgetverfehlungen unter Druck steht und hier mit Vorliebe Kollegen, Lieferanten, Berater, etc. oder sonstige Dritte für die schlechten Ergebnisse verantwortlich macht. Es scheint viel einfacher zu sein, mit dem Finger auf andere zu zeigen, als selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen, und einzugestehen, dass nicht alles nach Plan ging. 

Es ist vollkommen in Ordnung, sich selbstkritisch auch den eignen Schwächen und Fehlern zu stellen. All jene, die ihre Führungsfähigkeiten weiter ausbauen wollen, sollten als Erste eigene Defizite eingestehen, um möglichst daraus lernen zu können. 

5. Falle: Unentschlossenheit

Sie kennen vielleicht die Situation, wo sie am Montag in ein Meeting gehen, dort vom Management eine Entscheidung bezüglich eines Actionplans getroffen wird, am Dienstag dieser Plan aber vom Chef durch eigene Aktion über den Haufen geworfen wurde, nur um am Donnerstag aus anderer Quelle zu erfahren, dass doch wieder ein ganz anderer aufgegriffen werden soll. Am folgenden Montag wird (wenn überhaupt) das alte Problem erneut aufgewärmt, oder es wird unbestimmt vertagt, ohne dass entsprechendes Feedback zur Situation mitgeteilt wird.

Entschlossenheit bedeutet, dass der Manager sich mit einem Problem angemessen tief auseinandersetzt und denen zuhört, die hierzu etwas beizutragen haben, um daraufhin eine tragbare Entscheidung treffen zu können, und diese auch entsprechend zu kommunizieren. Auch wenn nicht unbedingt alle mit der Entscheidung einverstanden sind, sollte er sicherstellen, dass die Entscheidung von allen nachvollzogen werden kann und verstanden wird. Fehlt es an einer solchen Grundlage, an Feedback oder entsprechender Kommunikation führt dies zu Frustration im Team und dazu, dass der Manager früher oder später selbst auf dünnem Eis steht.  

6. Falle: Negativität

Sie kennen die Manager, die sich über alles und jeden beklagen, die selbst unbeabsichtigt den größten Stoff für „Flur-Funk“ und Mobbing-Kampagnen liefern? Sie wollen „Erwartungen managen“ diskutieren aber jedes Projekt in einem negativen Licht. Sie beklagen sich meisterhaft über Arbeit, die nicht erledigt wurde z.B. weil es neue Probleme gibt, oder dass bestimmte Menschen nicht das taten was sie hätten tun sollen. 

Die negative Einstellung zur Tätigkeit, Menschen und Sinn & Zweck eines Projektes zieht sämtliche Energie, Begeisterung und Leidenschaft aus der Arbeit. Typisch: Viele Projekte werden zu einer teuren endlos Baustelle oder werden eingestellt weil der Manager seine Prophezeiung selbst herbeigeführt hat. 

7. Falle: Tyrannei

So manches Management ist eine schwere Last für Unternehmen. Es kann ein Vermögen kosten, teure Strukturen zu untererhalten, die der Planung, Überwachung und Steuerung anderer dienen. Jeder kennt die Entscheidungen von jenem Manager, der weit weg vom Geschehen ist, sich aber dennoch mit seiner vermeintlichen Autorität schmücken muss. Der Fortschritt lahmt, als Folge zu vieler Ebenen und  unorganisierter Kommunikation hierüber. Auf diesem Nährboden gedeiht die Tyrannei, weniger aus einem Kontrollzwang heraus, als aus der systematischen Entmachtung von Mitarbeitern in mehr oder minder verkrusteten Strukturen. 

Manager die führen, gewähren Freiheit wie Leistung zu erbringen ist, sie befähigen Mitarbeiter zur Leistung, sie leben kontinuierliche Verbesserung und Risikobewusstsein, und befürworten Training und Coaching als wichtige Eckpfeiler der persönlichen Entwicklung. Sie heben damit ungeahnte Potenziale in der Organisation, die sich in barer Münze für das Unternehmen bezahlt machen.

8. Falle: Misstrauen

Einfach gesagt, der Manager, der scheinbar weder erforderliche Fähigkeiten vorweist, noch weise Entscheidungen trifft, oder selten Integrität im Handeln demonstriert, wird kaum das Vertrauen anderer gewinnen.  Damit ein Team einem Manager vertraut, muss es glauben können, dass dieser sowohl die Fähigkeiten wie auch die Weisheit besitz gute Entscheidungen im Sinne des Unternehmens treffen zu können, auch dass er integer genug ist, Unternehmensinteressen über die eigenen zu stellen. Fehlt es an Glaubhaftigkeit, Wahrhaftigkeit oder Integrität, ist es nur eine Frage der Zeit bis ein solcher Manager schließlich mangels Vertrauen gezwungen wird die Arena zu verlassen.

Schlussbemerkung

Wir alle, egal ob in unserer Rolle als Unternehmer, Manager, Angestellter, Arbeiter, Künstler oder Familienvater stehen täglich vor Führungsherausforderungen. Je bewusster wir uns dieser Verantwortung stellen, desto bewusster werden wir uns auch unserer Fehltritte. Ob sich diese grundsätzlich vermeiden lassen kann man getrost bezweifeln. Bei den „8 Fallen der Führung“ geht es daher nur zum Teil darum darzustellen was „gute“ oder „schlechte“ Führung im betrieblichen Umfeld ausmacht. Vielmehr geht es darum, Impulse zu geben und eigene (Führungs-) Schwachstellen zu erkennen, diese zu stärken und aktiv mit Leben zu füllen. Denn eines scheint unbestritten: jeder hat sich selbst gegenüber die größte Verantwortung zur Verbesserung, egal in welchem Umfeld. 

Sicherlich ließen sich noch viele weitere Punkte aufzählen. Es bleibt dem Leser überlassen, zu beurteilen inwieweit sich Aspekte aus dieser subjektiven Auflistung individuell nutzen lassen, auch abhängig davon mit welchem Bewusstsein er führt. Ein afrikanisches Sprichwort soll zum Schluss helfen unterschiedliche Führungsansprüche zu verdeutlichen: „Wenn du schnell gehen willst, geh alleine – wenn du weit kommen willst, geh mit anderen.“ 

Wir alle bohren mehr oder weniger dicke Bretter. Welche Werkzeuge und Methoden wir hierbei nutzen ändert sich mit unserem Bewusstsein. Eines scheint sicher: viel Interessantes zu lernen gibt es auf jedem Weg den wir gehen. Haben wir diese Verantwortung erkannt?


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Posted by Raymond Fisch

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