Abstract [de]: Ein aktueller Artikel des Handelsblatts zitierte kürzlich sehr aufschlussreiche Ergebnisse einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte. Mittels dieser Studie wurden die Erwartungen von jungen Menschen, aus 79 global verteilten Ländern, hinsichtlich ihrer persönlichen beruflichen Ambitionen sowie an das Handeln von Unternehmen als Gesamtorganisation untersucht. Eine wichtige Erkenntnis: Weltweit betrachtet sehen 75% der befragten jungen Menschen eine rein profitorientierte Unternehmensführung kritisch.


März 2015

Integrated Reporting

Zeigen gute Zahlen immer gute Unternehmen?

Veränderte Erwartungshaltung

Ein aktueller Artikel des Handelsblatts zitierte kürzlich sehr aufschlussreiche Ergebnisse einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte. Mittels dieser Studie wurden die Erwartungen von jungen Menschen, aus 79 global verteilten Ländern, hinsichtlich ihrer persönlichen beruflichen Ambitionen sowie an das Handeln von Unternehmen als Gesamtorganisation untersucht. Eine wichtige Erkenntnis: Weltweit betrachtet sehen 75% der befragten jungen Menschen eine rein profitorientierte Unternehmensführung kritisch. Selbst im oftmals rational geprägten Deutschland fällt das Urteil für die strikte Orientierung an der Ökonomie wenig positiver aus: Auch hier zeigen 62% der jungen Probanden eine ablehnende Haltung.

Für Unternehmen, die ihre externen und internen Berichte traditionell an quantitativen, oder auch qualitativen, ökonomischen Messgrößen ausgerichtet haben, ergibt sich durch diesen Wertewandel ein Paradoxon: Selbst wenn, bspw. der Jahresabschluss, einen betriebswirtschaftlichen Erfolg ausweisen kann, kann die Beurteilung des Unternehmens bei einem Teil der Stakeholder trotzdem negativ auffallen – wenn die Meinung vorherrscht, dass diese Resultate nicht auf ethisch und ökologisch stimmige Weise erzielt wurden. Die Möglichkeit, über eine klare positive ökonomische Entwicklung berichten, kann unter Umständen also nicht mehr ausreichen, um das Unternehmen bei den Berichtsempfängern in ein positives Licht zu rücken. Diese Erkenntnis wird zudem dadurch verschärft, dass diese Berichtsempfänger nicht nur außerhalb des Unternehmens zu verorten sind, wie bspw. Investoren oder Journalisten, sondern der angesprochene Wertewandel auch aktuelle und potenzielle Mitarbeiter zu Stakeholdern werden lassen, die das Handeln des Unternehmens kritisch reflektieren.

Reaktionsmöglichkeiten des Berichtswesens

Wie kann das Berichtswesen in diesem gewandelten Kontext seine Relevanz für interne und externe Empfänger wahren bzw. wiedergewinnen? Indem es nicht nur direkte ökonomische Resultate der Arbeit des Unternehmens in seine Berichte integriert, sondern das Berichtswesen auch weitergehenden Inhalten öffnet. Mit diesen Berichtsinhalten muss dann die Frage erörtert haben, welche Auswirkungen das Handeln des Unternehmens auf Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter, Gesellschaft und Umwelt halt. Ökonomisch ausgedrückt: Ein modernes Berichtswesen darf nicht nur den Output der Unternehmung fokussieren, sondern auch den Outcome greifbar darstellen. Die Darstellung solcher Auswirkungen wird in einigen Unternehmen schon aktiv praktiziert bspw. Unter dem Titel „Nachhaltigkeitsbericht“ oder „Corporate Social Responsibility (CSR) Report“. Dies ist in jedem Fall ein „Schritt in die richtige Richtung“, welcher aber in dieser Art der Vorgehensweise eine Reihe von Nachteilen mit sich bringt:

  1. Die Unterteilung in ein klassisches Berichtswesen und ein Nachhaltigkeitsberichtswesen schafft eine bewusste Unterteilung zweier Betrachtungsperspektiven, welche im Grunde denselben Sachverhalt fokussieren: die Auswirkungen des Handelns des Unternehmens.
  2. Auch Sicht der Unternehmensführung besteht hierbei die Gefahr, dass die aktive Förderung eines ökologisch und sozial vertretbaren Handelns des Unternehmens so zu einer Fachaufgabe der für die entsprechende Berichtserstellung zuständigen Fachabteilung deklariert und der eigene Einfluss auf die entsprechenden Themen und Indikatoren damit negiert wird.
  3. Aus der Perspektive der Stakeholder wirkt ein separiertet Nachhaltigkeitsbericht oftmals wie ein „Greenwashing“ mittels einer PR-Broschüre für ökologisch und sozial bewusste Zielgruppen, ein selbst wenn die zu befürchtete Trennung von tatsächlicher Unternehmensführung und nachhaltiger Verantwortung im Unternehmen überhaupt nicht erfolgt.

Wandel durch Integrated Reporting

Um diesen Problemstellungen entgegenzuwirken, hat sich in den vergangenen Jahren die Idee eines „Integrated Reportings“ etabliert. Diese sieht vor, ökonomisch orientiertes Handeln nicht von der ökologischen und sozialen Verantwortung der Unternehmen zu trennen, sondern gegenteilig durch einen gemeinsamen, integrierten Bericht die gegenseitige Abhängigkeit zu visualisieren und zu betonen. Ein wichtiger Treiber dieser Bewegung ist die Initiative <IR> Integrated Reporting, welche durch ein international umsetzbares Reporting Framework die Ausrichtung des Berichtswesens auf die kurz-, mittel- und langfristigen Outcome des Unternehmens lenkt. Bedenklich stimmt dabei – aus deutscher Sicht – die Tatsache, dass sich auf der Homepage der Organisation für das Framework zwar u.a. eine türkische, chinesische oder russische Übersetzung findet, eine deutsche Fassung jedoch zumindest noch nicht öffentlichkeitstauglich scheint. Dabei wäre es gerade innerhalb Deutschlands, mit seinem starken politischen Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung von Ökologie und Gesellschaft, auch für Unternehmen spannend, im Berichtswesen darzustellen, wie sie das Thema „Nachhaltiges Handeln“ im unternehmerischen Kontext umsetzen. Insbesondere dann, wenn es einer Unternehmung gelingt, durch – und nicht trotz – sozialer und ökologisch orientierter Handlungsweisen ökonomisch erfolgreich zu sein, können hier durch ein entsprechendes „Integrated Reporting“ die eigenen Erfolge sinnvoll und verständlich an die aufgeführten Stakeholder vermittelt werden.

Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Sehen Sie ein gleichzeitig ökonomisch erfolgreiches wie ökologisch und sozial vertretbares Handeln auch als zukünftigen Erfolgsfaktor von Unternehmen, oder sollten letztere Themen doch besser die Grundlage für Sonderveröffentlichungen der Marketing-Abteilung bleiben bzw. werden?

Posted by Sebastian Reek

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert